Beinlängendifferenz: Ursachen & Behandlungsmöglichkeiten

Unter Beinlängendifferenz wird der direkt oder indirekt gemessene Längenunterschied der Beine verstanden. Entstehen kann dieser durch Verkürzungen oder Verlängerungen einzelner Abschnitte der Knochen oder Gelenke. Auch sogenannte funktionelle Kontrakturen von Muskeln, Sehnen und Bändern führen zu einer solchen Differenz. Hier erfahren Sie mehr über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten einer Beinlängendifferenz.

Was Sie in diesem Beitrag erfahren

Eine Beinlängendifferenz kann unterschiedliche Gründe haben und durch verschiedene äußere Faktoren begünstigt werden.

Haben Sie den Verdacht auf unterschiedlich lange Beine, sollten Sie unbedingt einen orthopädischen Facharzt kontaktieren. Eine Längendifferenz der Beine muss frühestmöglich behandelt werden, um langfristige Schäden zu verhindern oder vorzubeugen.

Wie häufig kommt eine Beinlängendifferenz vor?

Unterschiedlich lange Beine sind gar nicht so selten, über ein Drittel aller Menschen hat eine Beinlängendifferenz unter 1,0 cm. Ob ein so geringer Unterschied der Beine bereits als Krankheit zählt, ist umstritten. Sobald die Differenz der Beinlängen über 1 cm liegt, hat das erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Körper.

Die Zentrierung und Entwicklung der Beingelenke, des Beckens und der Wirbelsäule werden in Mitleidenschaft gezogen. Die Längendifferenz kann außerdem der Grund für akute und chronische Schmerzen sein. Auch asymmetrische Anpassungen der Bewegungsorgane, Nerven, Muskeln, Sehnen und Faszien sowie Arthrose können die Folge sein.

Es gibt einerseits die dauerhafte strukturelle Beinlängendifferenz aufgrund verschiedener Längen von Knochen und Gelenken oder Kontrakturen. Andererseits ist auch eine variable funktionelle Beinlängendifferenz möglich. Dabei kommt es zu einer vorübergehenden Blockierung der Gelenke, die mit Hilfe von Manual- und Bewegungstherapie behandelt wird.

Welche Ursachen und Risiken hat eine Beinlängendifferenz?

Die meisten Menschen haben eine wachstumsbedingte Differenz der Beinlängen um wenige Millimeter, die im Alltag unbemerkt bleibt. Erst ab größeren Unterschieden kann es zu Wachstumsproblemen, Knochenbrüchen oder Bewegungseinschränkungen kommen. Eine Verkrümmung der Wirbelsäule oder des Beckens führt zu einem Beckenschiefstand.

Beinlängendifferenz durch Beckenschiefstand

Beinlängendifferenz durch Beckenschiefstand. Bild: ©Pepermpron – stock.adobe.com (Datei Nr.: 538376095)

Eine Differenz der Beinlängen ist eher selten angeboren. Sie kann aber auch beispielsweise durch Hemiatrophie, A-, Hypo-, Dysplasie, partieller Riesenwuchs, Gefäßanomalien, Exostosenkrankheit oder Klumpfuß entstehen.

Stattdessen führen unterschiedliche Faktoren dazu, dass die Längendifferenz erworben wird. Zu den häufigsten Ursachen gehören zum Beispiel:

  • Infektionen
  • Lähmungen
  • Unfälle
  • Frakturen
  • Tumore
  • Aufbaustörungen oder Strahlenschäden im Wachstum
  • Langzeitige Ruhigstellung
  • Einseitige Belastung oder Fehlhaltung
  • Achsenfehler (X- oder O-Beine)
  • Kontrakturen

Achsenfehlstellungen führen beispielsweise aus geometrischen Gründen zu unterschiedlich langen Beinen, vor allem bei einseitigen oder beidseitigen Fehlstellungen.

Wichtig für eine Diagnose sind die Untersuchung des Beckens und der Basis der Wirbelsäule sowie das Kreuzbein. Diese sollten im ebenerdigen Stand und beim üblichen Gehen durchschnittlich waagerecht eingestellt sein.

Sie sollten außerdem Ihr Becken, Wirbelsäule und Hüftgelenke sowie die Knie- und Fußgelenke dynamisch zentriert bewegen können. Frakturen während des Wachstums verursachen durch knorpelige Wachstumsfugen unterschiedliche Beinlängen. Auch übermäßiges Längenwachstum kann zu einer Längendifferenz führen.

Sobald das Wachstum abgeschlossen ist, ist kaum noch mit einer spontanen Korrektur der Beinlängendifferenz zu rechnen. Vielmehr kommt es dann zu einer voranschreitenden gewohnheitsmäßigen Anpassung der Wirbelsäule und Gelenke.

Welche Symptome hat eine Beinlängendifferenz?

Erhebliche Beinlängendifferenzen erkennen Sie sogar mit bloßem Auge, wenn beispielsweise ein Bein länger als das andere ist oder eine Beinverkürzung vorliegt. Welche Beinlängendifferenz-Symptome es gibt, erfahren Sie in diesem Abschnitt.

Eine Achsenfehlstellung erkennen Sie unter anderem an X- oder O-Beinen. Auch eine Vor- oder Rückverbiegung der Ober- oder Unterschenkel ist mit freiem Auge erkennbar. Bei einer solchen Fehlstellung sollten Sie am besten einen Termin bei Ihrem Facharzt für Orthopädie vereinbaren.

Beinlängendifferenz Symptome

Symptome bei Beinlängendifferenz. Bild: ©kintarapong – stock.adobe.com (Datei Nr.: 262717508)

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Eine Beinlängendifferenz ist hingegen weniger leicht zu erkennen und fällt auch nicht so schnell auf. Mögliches Hinken, ein einseitiges oder asymmetrisches Gangbild und eine schiefe Hüfte oder Wirbelsäule können Indikatoren dafür sein. Handelt es sich lediglich um eine geringe Differenz, wird diese von den Betroffenen selbst oft nicht wahrgenommen.

Die Auswirkungen machen sich erst langfristig bemerkbar, wenn Schmerzen auftreten. Diese entstehen durch ausgleichende Anpassungen der Gelenke der Beine, des Beckens und der Wirbelsäule. Es kommt zunächst zu einer Ausgleichsschwingung und später aufgrund von Wachstum und Anpassung zu einer Skoliose mit struktureller Rotationskomponente.

Bei einem bemerkbaren Längenunterschied ist frühzeitiges Handeln ausschlaggebend, um Langzeitfolgen zu verhindern. Ein konsequenter Längenausgleich erfolgt durch Schuhzurichtung, orthopädische Einlagen, Orthesen oder einen operativen Eingriff. Bereits eingetretene Fehlwachstum lässt sich später nur schwer ausgleichen und nur geringfügig rückbilden.

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Der Prozess einer spontanen Ausgleichung einer Beinlängendifferenz kann aufgrund einseitiger Be- und Überlastung zu Gelenk- und Weichteilbeschwerden führen. Auch Rückenschmerzen sind ein häufiges Symptom. Die statische und dynamische Asymmetrie der Bewegung und Belastung begünstigt einen vorzeitigen Verschleiß von Gelenkflächen, Bindegewebsstrukturen und Bandscheiben.

Wie sieht die Diagnose einer Beinlängendifferenz aus?

Damit Sie eine Beinlängendifferenz frühestmöglich behandeln können, ist es wichtig, dass der Längenunterschied auch früh erkannt wird. Achten Sie als Elternteil, Erzieher oder Kinderarzt auf mögliche Achsenfehler oder Schiefstände des Beckens und der Wirbelsäule.

Liegt der Verdacht einer Beinlängendifferenz vor, wird diese von einem orthopädischen Facharzt mittels einer klinischen Messung ermittelt. Anschließend werden konkrete Therapiemaßnahmen in Anspruch genommen. In einem solchen Therapieplan werden alle vorliegenden und notwendigen Befunde festgelegt und berücksichtigt.

Beinlängendifferenz messen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Messung der Beinlängen vorzunehmen.

Die klinische direkte Messung erfolgt mit einem Maßband in mittiger Rückenlage. Es wird von der Spitze des Sprunggelenk-Außenknöchels zum gleichseitigen vorderen Darmbeinstachel am Becken gemessen.

Diese Messung ist aber eher ungenau und dient nur der groben Orientierung, da Lagerung, Beinachsen und Gelenkstellungen nicht exakt mit einbezogen werden können. Die einzelnen Längen der unterschiedlichen Abschnitte des Beines, also Fuß, Unter- und Oberschenkel sowie Becken, können auch getrennt gemessen werden.

Viel öfter wird eine Beinlängendifferenz indirekt durch eine klinische Überprüfung des Geradstands des Beckens bzw. des Kreuzbeins im ebenerdigen Barfußstand ausgeschlossen.

Erschwert wird diese Überprüfung durch Asymmetrien oder Verdrehungen des Beckens bei unterschiedlich ausgebildeten Knochen. Auch vorübergehende Blockierungen der Kreuz-Darmbein-Gelenke oder Anomalien können hinderlich sein.

Mit einer apparativen Messung der Beinlängen werden die Gelenkhöhen mit Ultraschall und eines kalibrierten Maßstabes abschnittsweise markiert. Diese Form der Messung ist noch präziser möglich, indem mit konventionellen Röntgenaufnahmen mittels Tomogramm gearbeitet wird. Hierbei werden auch die Beinachsen dokumentiert, wobei die Strahlenbelastung als Nachteil zu vermerken ist.

In der Praxis ist ein Röntgen der Lendenwirbelsäule im Stand mit gleicher Belastung beider Beine geläufig. Dabei kann ein Schiefstand der Kreuzbeinbasis und hierfür relevante Beinlängendifferenz bzw. lumbosakrale Skoliose ausgeschlossen werden.

Wie wird eine Beinlängendifferenz behandelt?

Sie können selbst vorsorglich eine regelmäßige Ganzkörper-Sichtkontrolle vor dem Spiegel durchführen. Dabei achten Sie auf mögliche Beinachsen, Ihre Haltung, ob Ihr Becken und Ihre Wirbelsäule gerade sind, sowie auf seitliche Abweichungen Ihrer Beine. Gibt es einen begründeten Verdacht, ist ein Besuch beim Arzt empfehlenswert, um die Beinlängendifferenz ausgleichen zu können.

Eine strukturelle Beinlängendifferenz muss konsequent und langfristig ausgeglichen werden. Das erfolgt durch das Tragen eines erhöhten, anatomiegerechten Schuhs, den Sie sowohl zuhause als auch draußen anziehen müssen. Eine regelmäßige Kontrolle zur Überprüfung der Längendifferenz beim Facharzt ist empfehlenswert.

Hierbei werden mögliche Anpassungen vorgenommen, da sich vor allem im Wachstums-, Schul- und Jugendalter noch viel am Körper verändert. Nach Wachstumsabschluss können diese Nachsorge-Untersuchungen in größeren Abständen stattfinden.

Beinlängendifferenz ausgleichen

Beinverkürzung ausgleichen durch orthopädische Einlagen und Schuhzurichtung. Bild: © sakurra – stock.adobe.com (Datei Nr.: 197338220)

Hierbei werden mögliche Anpassungen vorgenommen, da sich vor allem im Wachstums-, Schul- und Jugendalter noch viel am Körper verändert. Nach Wachstumsabschluss können diese Nachsorge-Untersuchungen in größeren Abständen stattfinden.

Wird Ihre Beinlängendifferenz mit Hilfe einer orthopädischen Schuhzurichtung ausgeglichen, ist regelmäßiger Gleichgewichts- und Geschicklichkeitssport sinnvoll.

Dabei können mögliche einseitige Verhaltensmuster und Belastungen in Beruf und Freizeit ausgeglichen werden. Außerdem wird einer weiteren gewohnheitsmäßigen Dezentrierung der Beingelenke, des Beckens und der Wirbelsäule so entgegengewirkt

Hierbei werden mögliche Anpassungen vorgenommen, da sich vor allem im Wachstums-, Schul- und Jugendalter noch viel am Körper verändert. Nach Wachstumsabschluss können diese Nachsorge-Untersuchungen in größeren Abständen stattfinden.

Wird Ihre Beinlängendifferenz mit Hilfe einer orthopädischen Schuhzurichtung ausgeglichen, ist regelmäßiger Gleichgewichts- und Geschicklichkeitssport sinnvoll.

Dabei können mögliche einseitige Verhaltensmuster und Belastungen in Beruf und Freizeit ausgeglichen werden. Außerdem wird einer weiteren gewohnheitsmäßigen Dezentrierung der Beingelenke, des Beckens und der Wirbelsäule so entgegengewirkt

Beckenschiefstand als Ursache für Beinlängendifferenz

Liegt der Ursprung Ihrer Beinlängendifferenz in einem schiefen Becken, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten für die Behandlung. Grundsätzlich werden erst Differenzen ab 1-2 cm therapierelevant. Längenunterschiede bis 1 cm werden meist durch Einlagen oder Schuherhöhungen ausgeglichen.

Ab einer Beinlängendifferenz über 3 cm können Sie die Differenz mit orthopädischen Maßschuhen ausgleichen. Da bei diesem Längenunterschied die Gefahr des Umknickens erhöht ist, werden nur Maßschuhe mit zusätzlicher Stabilisierung des Sprunggelenks empfohlen.

Funktionelle Beinlängendifferenzen durch eingeschränkte Bewegung der Hüft- oder Kniegelenke werden mit Dehnübungen und physiotherapeutischer Mobilisation behandelt. Bei ausgeprägten Differenzen kann während des Wachstumsalters operativ mittels Wachstumshemmung oder Wachstumslenkung eingegriffen werden.

Titelbild: ©Pepermpron – stock.adobe.com (Datei Nr.: 538376095)

Rudolf Forster

Geschäftsführer Forster Schuh- & Orthopädietechnik

Rudolf Forster ist Geschäftsführer und seines Zeichens Meister für Orthopädieschuhtechnik. Ein hoher Qualitätsstandard und absolute Kundenzufriedenheit sind für ihn genauso wichtig wie die Fachkompetenz und Zufriedenheit seiner Mitarbeiter/innen.